Pfingsten: Ein Fest, das hilft, Sprache zu finden

Es ist 22.30 Uhr. Zur vereinbarten Zeit ist sie am vereinbarten Ort.
Wir lächeln uns kurz an.
Dann steigt sie zu mir ins Auto.
Ich hatte ihr zugesagt, sie mit dem Auto in Berlin abzuholen und nach Hause zu bringen. – Für den Fall, dass sie nach ihrem wichtigen Termin nicht mehr mit den Öffentlichen zurückkäme.
Um diese Zeit fährt nichts mehr zu uns ins Dorf. Das 9-Euro-Ticket hilft da auch nicht.
V. und ich sitzen im Auto.
Es ist ihr unangenehm, dass sie mein Angebot tatsächlich in Anspruch genommen hat.
Das spüre ich.
Ich hätte ihr gern etwas Aufmunterndes gesagt.
‚Es ist alles gut!‘ ‚Ich hätte das an Deiner Stelle genauso gemacht.‘ ‚Das ist doch eine Selbstverständlichkeit.‘ – Irgend sowas.
Aber wir schweigen. Nur die Geräusche des Motors und das Geklacker beim Abbiegen durchbrechen die Stille.
Ich ziehe in Erwägung, mein Handy zu nutzen, krame es aus der Hosentasche hervor, öffne schon die hilfreiche App.
Das lenkt mich aber doch zu sehr vom Fahren ab.
Ich verwerfe den Plan, stecke das Handy wieder ein.
V. beobachtet das alles und ist genauso ratlos wie ich.
Nach einer halben Stunde Fahren und Schweigen kommen wir an. Endlich.
Sie will gleich aussteigen.
Ich hole schnell mein Handy hervor und tippe drauf herum. Sie sieht das.
Also macht sie die Tür wieder zu. Bleibt und wartet.
Ich sage etwas auf Deutsch ins Handy, frage, wie ihr Termin gelaufen ist.
Die App übersetzt es gleich ins Ukrainische.
Wirklich ein Wunder der Verständigung. Auch wenn nicht immer genau das herauskommt, was man hineinsprechen wollte…
V. tippt ihre Antwort ein, ich vermute auf Russisch.
Das kommt mir auch nach zweieinhalb Monaten noch sonderbar vor.
Eine Ukrainerin, die vor Putins russischem Angriffskrieg geflohen ist, Angehörige durch russische Bomben verloren hat und doch Russisch schreibt und spricht.
Irgendwie befremdet mich das. Aber klar: Russisch ihre Muttersprache. Ihre Mutter ist Russin.
Nach dem kurzen Austausch mit Hilfe der Übersetzungs-App lächeln wir uns wieder an, gehen ins Pfarrhaus. Sie sagt noch einmal Dankeschön, sogar auf Deutsch, und wir wünschen uns eine gute Nacht.
Sie geht in das Zimmer, in dem ihre Schwester und die dreijährige Nichte schon schlafen. Ich gehe ins Arbeitszimmer.
Seit dem 18. März leben die drei hier, mit meiner Frau, unseren vier Kindern und mir unter einem Dach. – Eine bereichernde Erfahrung, die natürlich auch viel Toleranz und Geduld von allen verlangt.
Und immer wieder ist es mühsam mit der Sprache, mit der Verständigung. Ohne das Wunder der Übersetzungs-App auf dem Handy wäre es noch viel schwieriger.
Ein Wunder ist es, wie gut sich die Kinder, besonders die kleinen, miteinander verstehen. Sie finden eine Sprache jenseits der gesprochenen Worte.

Pfingsten erzählt auch von einem Wunder der Sprachfindung.

50 Tage nach Ostern sitzen die Jünger beieinander und sind immer noch sprachlos, dass ihr Meister gekreuzigt wurde. Der, der von Frieden und Gerechtigkeit gepredigt und der sich bedürftigen Menschen in Liebe zugewendet hatte, brutal umgebracht.
Das kann einem die Sprache verschlagen.
Und dann, zu Pfingsten, spüren die Jünger neue Kraft, finden wieder Worte, können sich plötzlich mit Menschen ganz unterschiedlicher Nationalität verständigen. Gottes Geist macht das, sagt die Pfingstgeschichte.
Um diesen Geist sollten wir in diesem Jahr noch dringender bitten als sonst.
Damit Sprachlosigkeit überwunden wird, damit die tödliche Sprache der Gewalt verstummt, damit eine Sprache der Versöhnung gefunden wird…

In den vielen Gottesdiensten unserer Kirchen können wir zu Pfingsten um Gottes Geist bitten.

Und im Diedersdorfer Pfarrgarten können wir am Pfingstsonntag erleben, dass Verständigung möglich ist, auch über Sprachgrenzen hinweg. Zu unserem diesjährigen Gemeindefest sind besonders Geflüchtete aus der Ukraine und deren Gastgeber eingeladen.

 

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